LITURGISCHE VORSCHLÄGE FÜR DIE GEMEINDEARBEIT
Die Thematisierung des Gebetstages im Gottesdienst sollte vorher angekündigt werden. Wenn vor Ort Missbrauchsfälle bekannt geworden sind, ist eine besondere Sensibilität notwendig, unter Umständen sollte das Gespräch mit den Betroffenen gesucht werden. Bei den Überlegungen zur Gestaltung eines Gottesdienstes ist die Beratung in einem Gremium beziehungsweise Kreis sehr angeraten (Pastoralteam, Pfarrgemeinderat, Liturgieausschuss).
Wenn mit der Mitfeier von Kindern zu rechnen ist, müsste dies besonders bedacht werden. Bei den Fürbitten können weitere Anliegen mit aktuellem beziehungsweise lokalem Bezug ergänzt werden. Am Schluss eines Gottesdienstes kann die Einladung ausgesprochen werden, an einem bestimmten Ort in der Kirche (etwa vor einem Kreuz) eine Kerze zu entzünden und damit die Solidarität und das Gebet für die Betroffenen ganz persönlich zum Ausdruck zu bringen.
Gedanken zum Vaterunser
von Claudia-Sybille Blessing, Betroffene sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche, Mitglied im Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln
Vater unser Wo bist du gewesen, als uns der Missbrauch traf? Warum hast Du uns nicht gehört und beschützt, als wir durch diese Hölle getrieben wurden?
der Du bist im Himmel, Dein Himmel – er war ganz weit weg von uns:
geheiligt werde Dein Name. Uns überfiel Unheil und Unheiligkeit. Was konnte uns noch heilig sein? Dein Name wurde durch dies Untat beschmutzt!
Dein Reich komme. Ein Paradies konnten wir uns nicht mehr vorstellen. Ein leidfreies Reich gab es nicht für uns.
Dein Wille geschehe, Es war der Wille des Täters, uns zu benutzen und uns zu zerstören. Herr, hier muss man Dich freisprechen, das konnte doch nicht Dein Wille sein? Nein.
wie im Himmel also auch auf Erden. Wenn Himmel und Erde sich berühren, wird Dein Wille dann für uns heilsam sein?
Unser tägliches Brot gib uns heute. Du schenkst Dich im Brot, Du sagst uns Dein Wort, Du reichst uns die Hand. Hilf uns, diese Zeichen zu verstehen, damit wir leben können. Auch mit dieser Unrechtserfahrung.
Und vergib uns unsere Schuld, Wir fühlen uns schuldig, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein. Wir konnten uns nicht schützen, haben den Täter gehasst und waren wütend auf ihn.
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Wir wollen vergeben, aber es gelingt nicht gut. Hilf Herr, dass wir uns wenigstens mit diesem Schicksal versöhnen können. Vielleicht finden wir dann die Kraft, eines Tages auch vergeben zu können.
Und führe uns nicht in Versuchung, Lass uns an unserem Leid nicht zerbrechen. Führe uns heraus aus der Versuchung, die Wunden immer neu aufzureißen.
sondern erlöse uns von dem Bösen. Befreie uns von diesen „bösen Lasten“ auf unseren Seelen und schenke uns Deinen Frieden.
Amen.